Wohlberaten

Humor am Arbeitsplatz

„Man hört euch über den ganzen Flur lachen“, sagte eine Kollegin aus dem Nachbar-Team. Sie schaute dabei leider nicht anerkennend, sondern eher vorwurfsvoll. „Okay, danke für die Info,“ sagte ich. „Wir machen die Tür zu, dann ist es nicht so laut.“ Das war aber nicht alles, worum es der Kollegin ging. „Passt bloß auf – man könnte meinen, ihr trefft Euch nur zum Kaffee-Kränzchen.“

Na, sowas! Dabei waren wir im monatlichen Präsenztreffen unseres ansonsten quer durch Deutschland verteilt sitzenden Teams höchst effektiv unterwegs. Und hatten Spaß. Und das nicht nur so ein bisschen – nicht selten wurden Tränen gelacht.

Für das Team eine Wohltat: Der Job vor Ort war anstrengend bedingt durch vorweg gehende Umstrukturierungen im Unternehmen. Der ein oder andere kam bis über die Schmerzgrenze angespannt im Meeting an. Also tat es gut, neben der gemeinsamen Erarbeitung von Konzepten auch mal ordentlich Dampf abzulassen.

Humor am Arbeitsplatz: Ablenkung oder Erfolgsfaktor?

Diverse Studien belegen: Humor reduziert Stress, verstärkt die persönliche Motivation, das Wohlbefinden und wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus. Soziale Beziehungen werden verbessert, Teams wachsen zusammen und die Produktivität wird erhöht. Was will man mehr?

Also los geht’s: Falls Sie heute noch nicht gelächelt, geschweige denn gelacht haben heute – schauen Sie mal hier rein. Vera F. Birkenbihl erläutert die positiven Effekte des Lachens und Lächelns.

Charmante Konter in Gesprächssituationen

Abgesehen von der stressreduzierenden, auflockernden Wirkung eignet sich Humor auch hervorragend, um schwierige Gespräche zu entschärfen. Dabei geht es nicht darum, auf Zwang einen mordsmäßigen Schenkelklopfer zu produzieren, sondern eher mal out-of-the Box gedacht mit Erwartungen zu brechen oder eine lustige Beobachtung zu äußern.

Ein Klient erprobte dieses Mittel erfolgreich als Teil seiner Strategie, sich nicht wiederholt von einem Kollegen unterbrechen zu lassen. „Wahnsinn, „sagte er, als der Kollege ihm mal wieder ins Wort fiel. „Du vollendest schon meine Sätze. Ich fühle mich schon wie in einer Ehe.“ Entspanntes Gelächter bei den anderen Anwesenden, verblüfftes Schweigen beim Störenfried – mein Klient konnte seinen Standpunkt ungestört ausführen.

Darf die Führungskraft auch mal?

Auch Führungskräfte profitieren von diesen Effekten. In hierarchisch geprägten Organisationen, scheint jedoch unter den Führungskräften oftmals die Angst vorzuherrschen, nicht mehr ernst genommen zu werden, wenn sie sich von der humorvollen Seite zeigen.

Ein Beispiel aus der Praxis: „Mein Kollege und ich wurden gleichzeitig zum Teamleiter befördert,“ sagte eine Klientin. „Ab Tag 1 in der neuen Rolle hatte er plötzlich einen Stock verschluckt. Dabei war er vorher echt witzig. Und das war klasse in der Zusammenarbeit!“ Im Coaching haben wir erarbeitet, wie sie ihre Rolle als Führungskraft ausgestalten möchte und zwar, ohne selbst einen Stock zu verschlucken.

Was gibt es beim Einsatz von Humor zu beachten?

Wichtig bei der „Humor-Strategie“ ist, sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen. Deshalb erarbeite ich mit Klienten, die sich wünschen, in diesem Sinne ihre Schlagfertigkeit zu erhöhen, immer mehrere Verhaltensstrategien. Das entlastet und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass einem im richtigen Moment die passenden Worte einfallen.

Ganz wichtig ist: Je nach Kontext und Stil kann Humor sich auch kontraproduktiv auswirken oder sogar verletzen.

Eva Ullmann weist z.B. treffend darauf hin, dass je nachdem wie scharf gekontert wird, man sich natürlich bewusst sein muss, dass diese Technik vom Gegenüber auch als Kampfansage gewertet werden kann. In Ihrem Buch, „Humor ist Chefsache“, beschreibt sie sehr schön, wie verschiedene Humorstrategien erlernt werden können – darunter auch sanftere, das Umfeld entspannende Varianten.

Zudem ist stets Sensibilität gefragt. In der Forschung wird sozialer und aggressiver Humor unterschieden. Es ist ein großer Unterschied, ob der Kollege, der den Beamer nicht in Gang bekommt, mit den Worten „Kein Wunder, du bist ja auch vor der Erfindung von Beamer & Co. aufgewachsen“ aufgezogen wird, oder ob jemand mit einem „Macht nichts, wir werden die Präsentation einfach tanzen“ die Situation auflockert und dabei unauffällig hilft, die Verbindung herzustellen.

Auch viele Witze können im beruflichen Kontext problematisch sein. Ich weiß noch, wie ich für die lange Zugfahrt zu einem Vorstellungsgespräch ein Witzbuch eingepackt habe. Auf den letzten Drücker hatte ich in einem Bewerbungsratgeber gelesen: „Rechnen Sie auch mit unerwarteten Fragestellungen, wie zum Beispiel einer Aufforderung, einen Witz zu erzählen.“ Und ja, das war noch vor der Existenz von Smartphones – daher das Buch.

Und da saß ich dann im Zug und musste feststellen, dass das Buch nur einen einzigen Witz enthielt, der nicht sexistisch oder anderweitig politisch inkorrekt war: Ein Vampir fährt Auto und gerät in eine Verkehrskontrolle. Auf dem Dachgepäckträger seines Fahrzeugs sind 2 Fahrräder montiert. Der Polizist: „Haben Sie etwas getrunken?“ Der Vampir: „Nur zwei Radler.“

Tatsächlich wurde ich nicht nach einem Witz gefragt, aber der Vampir geht mir bis heute nicht aus dem Kopf.

Quellen

Martin, R. A. (2001). The Psychology of Humor. An Integrative Approach

Meyer, J. C. (2000). Humor as a double-edged sword: Four functions of humor in communication.

Pundt, A. & Herrmann, F. (2014) Affiliative and aggressive humour in leadership and their relationship to leader–member exchange

Romero, E. J., & Cruthirds, K. W. (2006). The use of humor in the workplace.

Ullmann, E. (2023). Humor ist Chefsache: Besser führen, verhandeln und präsentieren – so entwickeln Sie Ihren humorvollen Fingerabdruck.

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